Eigentlich hatte der Richter eine Geldstrafe verhängt, das Gefängnis war nicht vorgesehen. Weil aber viele Verurteilte diese nicht bezahlen, werden sie dennoch im Rahmen einer Ersatzfreiheitsstrafe inhaftiert. Seit über zwei Jahren bieten die Anlaufstellen für Straffällige für Geldstrafenschuldner, denen eine Ersatzfreiheitsstrafe droht, weil sie ihre Geldstrafe nicht bezahlen, Unterstützung bei der Ratenzahlung an. Mit beeindruckendem Erfolg: 1.376 Verurteilte hat die Straffälligenhilfe in Niedersachsen mit ihrem Haftvermeidungsprojekt so allein 2011 vor der Haft bewahrt.
Das Justizministerium Niedersachsen und die LAG der freien Wohlfahrtspflege haben in einer gemeinsamen Presseerklärung das Hilfeprogramm „Geldverwaltung statt Ersatzfreiheitsstrafe" für uneinbringlicher Geldstrafen‘ positiv bewertet:
Pressemeldung Geldverwaltung
Neben einem geringen Einkommen fehlen oftmals persönliche Kompetenzen, die Bezahlung der Geldstrafe mit der Staatsanwaltschaft wirksam zu regeln. Es gibt viele, bei denen das Geld knapp ist. Zahlreiche Haushalte sind überschuldet und haben große Probleme, mit ihrem Einkommen auszukommen. Die Mitarbeiter und MItarbeiterinnen der Anlaufstellen prüfen die Finanzen und ermitteln eine Ratenhöhe, die Verurteilte auch bezahlen können. Damit die Tilgung der Geldstrafe nicht bei der Umsetzung scheitert, werden Betroffene während der gesamten Dauer der Ratenzahlungen begleitet.
Das Hilfeangebot zur Haftvermeidung ist in Niedersachsen mittlerweile erfolgreich eingeführt. Im zweiten Jahr hat sich die Inanspruchnahme im Durchschnitt um nahezu 50 % erhöht; dieses gilt ebenso bezüglich der Summen der getilgten Geldstrafen und der dadurch abgewendeten zu verbüßenden Hafttage. Die Straffälligenhilfe im benachbarten Bundesland Bremen hat das Projekt übernommen und eingeführt - und verwendet dazu den Info-Flyer mit gleichem Layout wie in Niedersachsen eingeführt!
Insgesamt wurden 2011 von den 14 Anlaufstellen für Straffällige in Niedersachsen 1.346 Fälle bearbeitet: 300.000 EUR an Geldstrafen konnten an die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften überwiesen und 19.111 Hafttage (das entspricht 52,4 Haftjahren bzw. -plätzen!) eingespart werden. Bei Haftkosten von 100 EUR täglich errechnet sich ein Wert von fast 2 Mio. EUR.